Unser Leben mit Corona - Berichte aus dem Paulusheim

 

Wie erleben unsere Bewohner*innen - Kinder und Jugendliche sowie Mütter/ Väter mit ihren Kleinkindern - die Coronazeit?

Wie hat sich ihr Alltag verändert?

Was für Probleme und welche Herausforderungen gibt es in der Kinder- und Jugendhilfe?

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Corona

 

 

Die Gruppe Don Bosco hat ihren Corona-Alltag in einer Collage dargestellt:

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Collage: Corona-Alltag in der Gruppe

 

Dieses Plakat hat die Gruppe Raphael aus Eberbach gestaltet:

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Coronaplakat Gruppe Raphael

 

Die Gruppe Lioba hat einen Bericht über das Corona-Jahr 2020 geschrieben:

 

Das Jahr 2020 begann für uns wie jedes andere Jahr auch, wir freuten uns auf ein neues Jahr und feierten mit allen Wohngruppe im Haus Silvester.
Doch schon im Laufe der ersten Monate zeigte sich, dass dieses Jahr anders sein würde. Man sprach von einer Pandemie im asiatischen Raum, genauer gesagt in China, ausgelöst durch einen Virus, welcher wohl bald auf die ganze Welt übergreifen sollte.
So kam ziemlich schnell die Nachricht, dass das Virus in Europa angekommen sei und sich in allen Ländern verbreitete, so auch in Deutschland, sogar direkt bei uns in Heidelberg. Doch was bedeutet dies für uns Kinder und Jugendliche in einer Einrichtung der Jugendhilfe? Wird es auch unser Leben beeinflussen? Kaum vorstellbar, schließlich gibt es schon immer Krankheiten und wir haben noch nie von sowas wie einer Pandemie gehört, in der eine Krankheit die ganze Welt in Atem hält. Also ging es für uns erstmal ganz normal weiter.
Morgens aufstehen, zur Schule gehen, nachmittags Hausaufgaben machen und die Freizeit mit Freunden, Sportvereinen, Shoppen und anderen Hobbies verbringen.
Man machte Witze beim Abendessen, über die überall ausbrechende Hysterie, welche plötzlich entstand, stets mit dem Glauben, dass es alles nicht so schlimm sein kann. Doch dann kamen die ersten Corona-Beschlüsse und uns wurde ganz schnell klar, auch unser Leben, wie wir es bisher kannten, wird sich von einem Tag auf den anderen ganz gewaltig verändern. Diese Befürchtung bestätigte sich dann am 17. März, dem ersten Tag des Lockdowns. Von jetzt auf gleich durften wir nicht mehr in die Schule, konnten unsere Freunde nicht mehr sehen. Auch der Kontakt zu unseren eigenen Familien, die wir regelmäßig an Wochenenden besuchen konnten, sollte weitestgehend eingeschränkt werden. Ein Corona Schulplan wurde eingeführt, da wir von jetzt an vom Heim aus für die Schule lernen sollen. Einkaufen war nur noch mit Mundschutz möglich, den unsere Erzieher/innen auf den Gruppen teilweise eigenhändig für uns genäht haben. Vieles veränderte sich plötzlich, wir verbrachten viel Zeit auf der Gruppe, freuten uns darüber, dass wir nicht in die Schule gehen mussten, das Wort Corona-Ferien klang tagtäglich durch die Gruppe.

Wir freuten uns alle auf die Freizeit. Endlich mal rauskommen und andere Sachen sehen als die eigene Wohngruppe. Im Gepäck immer den Gedanken an Corona, was sich allein schon an der diesjährigen Hygieneausrüstung zeigte, mit Schutzmasken und viel Desinfektionsmittel. Anfänglich war auch alles so wie immer. Wir sind an den naheliegenden See gefahren, stets darauf bedacht, Abstand zu anderen Leuten einzuhalten und haben uns einen verlassenen Steg als Liegeplatz ausgesucht. Doch zwei Tage nach Anreise holte uns Corona wieder ein. Eine Betreuerin erfuhr, dass sie Kontakt zu einer Freundin hatte, die nun Corona hat.
Nachdem wir davon erfuhren, hatten wir Bedenken, dass die Freizeit frühzeitig beendet wird. Die Erzieherin wurde getestet und musste direkt zurück nach Heidelberg fahren. Zum Glück wurde schnell eine Lösung gefunden, damit die
Freizeit fortgeführt werden konnte. So unterbrach eine andere Betreuerin ihren Urlaub und kam zu uns nach Friesoythe gefahren. Die restlichen Tage der Sommerfreizeit verliefen schlussendlich normal und alle Ausflüge, die wir für die ersten Tage geplant hatte, konnten in der zweiten Woche nachgeholt werden. So hatten wir doch noch eine schöne Sommerfreizeit, auch wenn Corona uns kurzzeitig ganz schön in die Quere gekommen war.
 

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Ortsschild Friesoythe

Ende November hatten wir dann einen direkten Coronafall bei uns auf der Gruppe. Dies bedeutete für uns alle eine Testung beim Arzt und komplette Isolierung auf der Wohngruppe. Mehr als eine Woche mussten wir alle auf der ganzen Gruppe einen Mund und Nasenschutz tragen. Schließlich wusste man nicht, ob einer von uns ebenfalls infiziert ist. Gegessen wurde verteilt auf der ganzen Gruppe, um den Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten zu können. In den Garten konnten wir nur zu einer bestimmten Zeit am Tag, für eine Stunde. Zum Glück hat sich kein weiterer, weder Erzieher noch Kind, von uns angesteckt. Nach acht Tagen war die Quarantäne vorbei und der zweite Lockdown fing an…. 

 

 

Bericht einer Bewohnerin über ihre Corona-Zeit:

 

Meine Corona Zeit

Ansteckung:
Ich und mein 4 Jähriger Sohn gingen ganz normal jeden Sonntag in unsere Gemeinde. Diesen Sonntag den 3.1.21 und 10.1.21 war alles anders. Wir sind dort angekommen und mussten Hände desinfizieren wie das ganze Jahr auch. Aber was keine wusste war, dass an beiden Sonntagen jemand Positives in der Gemeinde war und dadurch am ersten Sonntag 30 Menschen angesteckt hat und in der Woche drauf nochmals 20 Menschen.
Ich habe es dienstags den 12.1. 21 erfahren, dass es positive Corona-Fälle gibt, worauf ich mich beim Gesundheitsamt meldete um ein Termin zu vereinbaren um mich und mein Sohn testen zu lassen. Freitags den 15.1.21 ließen wir uns testen. 5 Tage nach dem Besuch in der Gemeinde. Nun hieß es abzuwarten in der Quarantäne. Der erste Test war negativ aber wir mussten trotzdem 10 Tage in Quarantäne.

Quarantäne Zeit:
Das war für meinen Sohn eine Qual. Mein Sohn hat gelitten weil es geschneit hat und er nicht raus konnte. Er hat angefangen zu weinen. Aber ich hatte mit einer Mutter die glänzende Idee. Wir haben das Fenster aufgemacht und über das Fenster Schnee reingeholt. Da war mein Sohn wieder etwas glücklich.
Die Tage liefen immer gleich ab. Frühstücken, spielen, malen, basteln, Mittagessen, Obstgarten spielen, Fernsehen, Abendessen, Duschen und ins Bett. Irgendwann nach dem 11 Tag wurde es meinem Sohn zu langweilig, dass er anfing wütend zu werden. Als er merkte, dass auf der Gruppe Feste gefeiert wurde, war mein Sohn traurig und hat angefangen zu weinen. Ich musste Ihn trösten.
Die anderen Mütter waren für uns immer da, sind für uns einkaufen gegangen und haben unsere Wäsche gewaschen. Ich kam mir wirklich dumm vor. Den ganzen Tag im Zimmer zu sitzen war nicht meins, aber ok.
Ab und zu hätte ich mir gewünscht, wenn mein Sohn mich schlafen gelassen hätte. Da ich nach dem 11 Tag Symptome bekommen habe. Mir ging es richtig schlecht. Ich hatte sämtliche Symptome gehabt und war total erschöpft. Aber ich hatte keine Zeit zum Ausruhen da ja mein Sohn beschäftigt werden muss. Ich kam dabei an meine Grenzen, da ich oft erschöpft war.
Als ich merkte das ich Symptome hatte, habe ich mal wieder beim Gesundheitsamt angerufen und wurde nochmals getestet. Diesmal tat der Test weh. Nun hieß es wieder abwarten. Abends kam das Ergebnis und es war positiv.
Ich habe angefangen zu weinen, da ich Angst hatte um meinen Sohn der Vorerkrankung hat. Ich habe mich fertiggemacht. Es ging mir oft durch den Kopf: „Was ist, wenn es dein Kind auch bekommt?“ „Jetzt hassen dich alle, weil du Corona mitgebracht hast!“ „Warum konntest du nicht aufpassen?“. Solche Gedanken gingen mir durch, dass ich die Betreuer angerufen habe. Sie haben probiert mich zu beruhigen und dass es ok sei. Aber ich hatte deswegen die ganze Nacht geweint. Mir ging es gar nicht gut damit mit den Gedanken.
Ich hatte auch Angst wegen meiner Tochter, die zurzeit nicht bei mir gelebt hat. Ich habe oft mit meiner Familie telefoniert bis ich erfahren habe, dass die Uniklinik eine Studie über Corona betreibt, wo man ärztlich Überwacht wurde über eine App. Ich habe mich dafür gemeldet. Ich war so froh, dass ich Ärzte hatte, die sich meine Symptome und Werte ansah. Ich fühlte mich da gut aufgehoben.
Nach dem 15 Tag fiel mir die Decke auf den Kopf, weil meinem Sohn es langweilig wurde und er langsam keine Lust mehr hatte. Mir fiel aber nichts mehr ein um ihn zu beschäftigen. Also habe ich in Fernsehen lassen, um etwas Ruhe zu bekommen und mich auszuruhen. Nach dem 20 Tag war
alles vorbei. Die Nerven lagen blank. Die Stimmung war im Keller man wollte nur noch raus, aber man durfte ja nicht. Also rief ich wieder beim Gesundheitsamt an und fragte nach wann ich aus der Quarantäne darf. Ich sollte nochmals zum Test gehen. Also ging ich hin. Ich wurde nochmals getestet. Diesmal war es eine Qual auf das Ergebnis zu warten, denn man machte sich Gedanken, was ist, wenn man immer noch positiv ist. Was passiert hier auf der Gruppe. Ich fing erneut an zu Zweifeln und zu weinen aus Sorge und Angst. Ich musste 2 Tage warten bis das Ergebnis kam. Als ich es gesehen habe das ich wieder negativ bin, ist mir ein Stein vom Herzen gefallen.

Die Zeit nach Corona:
Ich rief das Gesundheitsamt an und teilte mit das ich wieder negativ bin. Mein Sohn war überglücklich als ich es ihm erzählt habe. Er schrie aus dem Fenster: „Ich bin endlich frei!“.
Es tat so gut endlich aus der Quarantäne wieder draußen zu sein. Es haben sich alle für uns gefreut, dass wir nach so eine lange Zeit wieder draußen sind. Leider habe ich durch das Ganze mit Corona noch zu kämpfen an den Spätfolgen, die ich leider immer noch habe. Aber ich bin nicht mehr ansteckend und kann die Freiheit genießen.
Ganz ehrlich in dieser Zeit wo wir in der Quarantäne waren habe ich es gelernt wie es mir gut geht wenn ich in Freiheit leben kann. Ich soll zwar langsam machen wegen mein Immunsystem da die noch geschwächt ist.
Ich hoffe das Sie gesund bleiben und Geduld haben.